Ihr wart auf der Earth Social Conference, was war das für eine Konferenz und wieso habt Ihr euch als FFF Köln daran beteiligt?
Im Sommer hatten wir in Köln Besuch von Aktivist:innen aus Botswana, die uns von der ESC, damals noch unter dem Arbeitstitel „Contra-COP“ bekannt, erzählt haben. Sie haben uns eingeladen, an dem Prozess der Entstehung der Konferenz mitzuarbeiten. Zunächst sollte die Konferenz in Islamabad, Pakistan stattfinden und wurde jedoch aufgrund der Sicherheitslage in die Region Casanare, Kolumbien verlegt. Als wir uns relativ sicher waren, dass wir teilnehmen werden, sind wir mit in die Vorbereitung und Organisation eingestiegen.
Das verbindende Element aller Teilnehmer:innen war das Bewusstsein, dass die COP uns auch dieses Jahr nicht näher an eine klimagerechte Welt bringen würde, obwohl es mittlerweile super dringend ist und wir deshalb unbedingt selber aktiv werden müssen.
Die ESC schreibt dazu: “We know we need to apply the emergency brake to avoid earth system collapse” und “We are the ones we have been waiting for.”
Als FFF Köln hatten wir großes Interesse daran, diesen Gegenpol zur COP aufzubauen und waren außerdem schon seit Langem auf der Suche nach einer global abgestimmten Strategie der Klimabewegung, um weltweit effektiv gegen den Klimawandel kämpfen zu können. Dieses große Potential haben wir in der ESC gesehen.
Die ESC stellt eine Gegenveranstaltung zur Conference of Parties (COP), welche dieses Jahr in Dubai stattgefunden hat, dar. Was ist die COP28, was sind ihre Ziele und wieso ruft die ESC dazu auf, diese zu boykottieren?
Die COP ist die weltweite Klimakonferenz der Vereinten Nationen; sie fand das erste Mal 1995 in Bonn statt. 2015 wurde auf der Konferenz das Pariser Klimaabkommen geschlossen, an das sich die Länder des globale Nordens bis heute nicht halten. Dieses Abkommen hatte zum Ziel, die Erhitzung der Erde auf 1.5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen; zur Zeit sind wir auf dem Weg die 2.7 Grad zu erreichen.
Die COP ist unter Anderem ein Ort, an dem sich verschiede Akteure aus Klimaschutz und Politik zusammensetzen können – dies ist aber in den letzten Jahren immer mehr zu einer Veranstaltung geworden, die den Klimaschutz eher aufhalten will.
Die ESC hat zum Boykott aufgerufen, da es nicht mehr die Zeit ist, dass wir uns mit weiteren Runden voller leeren Versprechungen oder Absichtserklärungen zufrieden geben, es ist Zeit die COP zu boykottieren und einen anderen, realistischen und weltweiten Prozess ohne den Einfluss der fossilen Lobby zu starten.
Worum ging es auf der ESC? Mit welchen Themen hab Ihr euch beschäftigt und über was habt ihr diskutiert? Ihr kamt von den unterschiedlichsten Orten der Welt, von Peru bis Portugal und aus vielen weiteren Ländern, wie hat sich das auf eure Diskussionen ausgewirkt?
Es waren Teilnehmer:innen aus fast allen Kontinenten anwesend, leider haben alle Delegationen aus Afrika im letzten Moment doch keine Visa bekommen und konnten nur virtuell teilnehmen.
Ganz wichtig war bei der Konferenz die kulturelle und sprachliche Übersetzung – nicht nur bedeuten Begriffe in verschiedenen Kontexten verschiedenes, sondern sind die Herangehensweisen an Klimaschutz grundsätzlich unterschiedlich.
Konferenzsprachen waren Spanisch und Englisch, es war ein aktivistisches Übersetzungskollektiv vor Ort, das sich um die Simultanübersetzung gekümmert hat.
Die wesentlichen Themenbereiche der Konferenz waren:
– Vision – wie kann eine klimagerechte Welt aussehen?
– Theory of Change – welche Veränderungen müssen passieren, um eine klimagerechte
Welt zu erreichen?
– Strategie – mit welchen Strategien können wir diese Veränderungen erreichen?
– Organisation – wie müssen wir uns organisieren, um die Strategien umzusetzen?
Die Konferenz hatte im Programm zunächst Sessions, um diese Themenbereiche vorzubereiten und im Anschluss Workshops um eine gemeinsame Vision und Strategie zu erarbeiten. Aus dem globalen Norden kamen oft ökosozialistische Visionen und radikale Wege dorthin auf; aus dem globalen Süden eher an der Natur orientierte Visionen.
Ihr habt auch im Rahmen der Konferenz über die Rolle der Frau und der Jugend gesprochen, oder? Was spielen diese für eine Rolle im Kampf gegen den Klimawandel und für eine befreite Gesellschaft?
Unsere Rolle als Jugend ist extrem wichtig, da wir am meisten unter der Kimakatastrophe leiden, wir sind aber auch die Generation, die eine neue Gesellschaft bauen kann. Deswegen sind wir die wichtigsten revolutionären Subjekte, beziehungsweise diejenigen, die die notwendide Evolution aktiv gestalten können. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Patriarchat und Kapitalismus – der Kapitalismus spiegelt paternalistische und patriarchalische Werte wieder. Eine klimagerechte Welt kann nur Hand in Hand mit feministischen Veränderungen entstehen.
Sind aus den vielen Diskussionen auch Pläne für die Zukunft und weitere Vernetzung entstanden? Wenn ja, welche und kann man da mitmachen?
Ja, es gibt sogar zwei geplante Handlungsstränge für die Zukunft:
– Einerseits soll es im nächsten Jahr wieder eine Earth Social Conference geben, die mit mehr Teilnehmer:innen die Aktionen zur COP30 in der Amazonasregion vorbereiten soll.
– Ausserdem gibt es einen Zusammenschluss von einem Teil der vertretenen Organisationen, die direkte Aktionen gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung planen; wir nehmen daran jedoch nicht Teil.
Am 8. Januar gibt es ein erstes virtuelles Treffen zu beiden Handlunsgssträngen, hier geht’s zur Anmeldung.
Parallel hat ja die COP28 stattgefunden, wie blickt ihr auf die Ergebnisse der COP28? Seht ihr darin irgendeine Form von positiver Entwicklung?
Nein. Es gab nur weitere Absichtserklärungen ohne konkrete Handlungen.
Zum Schluss hätte ich noch die Frage, was ihr von der Konferenz gelernt habt und unbedingt mit allen Jugendlichen hier teilen wollt?
Auf jeden Fall haben wir gelernt, dass es weltweit viele verschiedene Ansätze gibt und viele Menschen, denen unser Planet am Herzen liegt. Wir haben gelernt, dass Entfremdung (im Marx’schen Sinne) nicht nur die Arbeit, sondern auch das Leben in einer Gemeinschaft beziehungsweise der Gesellschaft betrifft.
Wir nehmen aber vor Allem mit, dass es nicht reicht, nur gegen Kapitalismus und Klimawandel zu sein, sondern dass es extren wichtig ist, eine positive Vision von der Welt zu entwickeln, in der wir leben wollen.
Dazu wird in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr kommen.